Biografie
Portrait Walter Nessler

Walter Nessler, London
fotografiert von Horst Kolo

Walter Nessler, 1912 in Leipzig geboren, zog im Alter von sieben Jahren mit seiner Mutter nach Dresden. Hier besuchte er die Kunstgewerbeschule und vervollständigte seine Ausbildung an privaten Malschulen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Werbeleiter in verschiedenen Kaufhäusern der Stadt und als Kulissenmaler, so für die Tanzschule der Mary Wigmann. 1936 lernte er in der Wigmann-Schule seine spätere Frau kennen, die englische Balettschülerin Prudence Ashbee. In diesen Jahren entstanden die Karikaturenmappe mit dem Titel "Hitler-Alphabet" und die Illustrationen zum "Schwalbenbuch" von Ernst Toller. Walter Nessler wohnte in dieser Zeit in der Ostbahnstraße im gleichen Haus mit Hans und Lea Grundig und war mit den Künstlern Horst Saupe, Erich Lindenau, Christian Neissner und Hansheinrich Palitzsch befreundet.

Im Sommer 1937 emigrierte er mit seiner Freundin nach London. Im Reisegepäck nahm er das "Hitler - Alphabet", eine Mappe, die jeden Buchstaben des Alphabets mit einer Karikatur zu Adolf Hitler versieht, und die Zeichnungen zu Ernst Tollers "Schwalbenbuch" mit. Letztere 34 Zeichnungen befinden sich heute im Besitz des Kupferstich-Kabinetts in Dresden. Erich Fried, wie Nessler Emigrant und als Wahlengländer in London verblieben, sorgte in den 80iger Jahren dafür, dass Tollers "Schwalbenbuch" mit Zeichnungen Nesslers erscheint. Walter Nessler wurde 1940 mit vielen anderen deutschen Emigranten als feindlicher Ausländer im Lager Huyton interniert. Er meldete sich im selben Jahr zum "Pioneer Corps" der britischen Armee. Nach dem Krieg und der Trennung von seiner Frau war er für die Marlborough Gallery tätig und hielt sich häufig in Paris auf. 1953 heiratete er erneut und bezog 1957 mit seiner Frau Erica Wohn- und Atelierhaus in West-Hampstead. Walter Nessler gab in den 50iger Jahren Malkurse am Londoner Woodcraft Institute und vertiefte seine eigene Ausbildung durch ein Bildhauer-Studium an der St. Martin`s School of Art, bei Elizabeth Frink.

Zahlreiche Reisen führten ihn nach Spanien, Österreich, Italien, in die USA und auf die Insel Corfu, immer entstanden zahlreiche Landschaftsaquarelle. Walter Nessler legte sich stilistisch nicht fest, er probierte sich aus, suchte nach Materialien und Malmitteln. Materialcollagen entstanden, Sand wurde Ölfarbe beigemischt, plastische Wirkung war beabsichtigt. Seit 1960 entwickelte Walter Nessler seine Polyester-Technik. In Polyesterharze eingegossene Fundstücke aus der Natur und Abfälle technischer Art ergeben plastisch wirkende Bilder, die oft durch elektrische Lichtquellen in ihrer Wirkung veränderbar sind. Neben Aktzeichnung und Landschaftsaquarell sind seine Themen immer der Mensch, das Porträt, die Figur im Raum und gelöst, die Umwelt und der Umgang mit ihr, mahnend und hoffend. Die verschiedenen Werkgruppen greifen zeitlich ineinander und sprühen vor Phantasie und Experiment.

In London ist Walter Nessler bekannt, das zeigen zahlreiche Ausstellungen bis zur Gegenwart. Im Nachkriegsdeutschland dagegen hatte er nur gelegentlich und meistens im thematischen Zusammenhang ausgestellt. 1989 verlieh die Hochschule für Bildende Künste Walter Nessler die Ehrensenatorwürde. 1991 drehte ein deutsches Filmteam ein Video über den Künstler für den Mitteldeutschen Rundfunk. 1992 begegnete Walter Nessler in London Kurt Biedenkopf und folgte einer Einladung der Sächsischen Staatsregierung nach Dresden. Der Ernst Rietschel-Kulturring e.V. zeigte 1995 gut 50 Arbeiten des Künstlers in Pulsnitz. Ab 1997 mühten sich verstärkt deutsche Privatgalerien, um das Werk Walter Nesslers. Die ersehnte Rückkehr, des Künstlers, mit seinen Bildern, nach Dresden, begann mit der Ausstellung und der Stiftung seines Gesamtwerkes, nach Pulsnitz. Walter Nessler starb im Jahre 2001 in London.